Samstag, 29. Juni
Zürich-Hauptbahnhof:
Als ich um halb-elf aus dem Untergrund in die
Bahnhofshalle steige, mache ich mich auf eine lange Viertelstunde
Rumstehen am Treffpunkt gefasst. Aber die LUGS-Member lassen mich
nicht im Stich:
Norbert Kümin
ist schon da, mit Butter-Brezel und
Kaffee in der Hand. Wir haben um 10.45 Uhr abgemacht, um zusammen mit dem
Zug
ins Solothurnische zu fahren, wo wir unser Wochenende mit Linux,
wenig Schlaf
und vielen interessanten Vorträgen füllen werden.
Allmälich erscheinen weitere bekannte Gesichter: Paul (mit den
Bahn-Billetten), Albin,
Dani,
Felix,
Philip (Markwalder) und Christoph
& Julia mit ihren zwei Kindern. Natürlich geht ein solcher Auflauf
von LUGS-Membern nicht ohne Fachsimpeleien ab: ISDN, Java und
Notebooks (bei
Norbert
funktioniert das Advanced Power Management
seines neuen Notebooks immer noch nicht: ``Kännsch du dich im Kernel
us? Ich han öppis gänderet, aber er kompiliert jetzt nüme!'').
Natürlich haben wir auch ganz handfeste Probleme zu lösen: Paul
bringt fünf ganze Billette, obwohl alle ein Halb-Tax-Abo haben: dem
Bahn-Beamten am Schalter merkt man sehr gut an, dass er uns die 184.50
Fr. lieber als Gutschein, statt in Bar in die Hand gedrückt hätte.
Nun können wir die Billette verteilen. Es geht auf, aber wir warten
noch auf David Frey. Schliesslich haben wir dann gemerkt: ein
Billett fehlt uns! Die Gruppe sucht sich im Zug einen guten Platz und
Philip holt noch ein Billett. Wir haben Glück:
Wir finden drei freie
Abteile um es uns schön bequem zu machen. Als der Zug dann
abfährt, haben wir ein Billett zuviel: David ist leider nicht mehr
gekommen.
Im Zug nach Basel wird die Unterhaltung vom Treffpunkt beinahe nahtlos
fortgeführt: Linux wo man hinhört, nur ab und zu wird
abgeschweift: Wie wird wohl das Wetter? Und Militär (Paul hat gerade
seinen letzten WK hinter sich gebracht). In Basel nehmen wir den Zug
nach Laufen und dort den Bus: Die Strecke
Laufen-Bärschwil
eignet
sich meiner Meinung nach sehr gut für ein Bergautorennen, der
Chauffeur zeigt ebensolche Ambitionen, nur der
Bus der PTT scheint mir
nicht der richtige Untersatz für solche Abenteuer.
In
Bärschwil
verlassen einige bleiche Gesichter den Bus und atmen
richtig tief durch: Die Landluft tut gut. Nun warten wir auf den
versprochenen Gepäcktransport von den autofahrenden LUGS-Membern,
welche eigentlich bald kommen sollten. Es dauert allerdings mehr als
eine halbe Stunde (Magnum im Denner: 1.80 Fr.), bis nach den vielen
SO-Nummern endlich der Konvoi aus ZH und BE ankommt.
Wir verladen das Gepäck und Philip (zu faul zum Laufen) und machen
uns auf den
steilen Weg
zum Berggasthof Oberfringeli, wo wir die
nächsten 28 Stunden verbringen werden. Die Sonne meint es gut mit
uns und zeigt sich von ihrer besten Seite. Nach ungefähr 38'26''
werden wir beim
Gasthof
von spielenden Kindern, Tieren und Ralph
begrüsst. Nach wenig Administrativa können wir unsere Zimmer
beziehen, d.h. wir rollen unsere Schlafsäcke auf den noch freien
Liegestellen im Massenschlag aus. Danach gibt es ein wohlschmeckendes
und wohlverdientes Mittagessen: Kalte Platte mit selbstgebackenem
Brot.
Es ist mittlerweile etwa drei Uhr nachmittags, wir tröpfeln langsam
ins Arbeitszimmer im 1. Stock. Uns erwartet dort der Vortrag von Alex
Zihlmann
(Sun Schweiz)
über
Java.
Bevor der Vortrag beginnt
ist sein T-Shirt das Gesprächsthema Nummer eins: Schwarz mit
einer dampfenden Kaffee-Tasse und dem Schriftzug ``Java'' drauf. Als
alle Interessierten im Zimmer sind, ist es schon richtig voll: Es
misst etwa vier auf fünf Meter und wir sind mehr als zwanzig
Leute, ein Hellraumprojektor mit 250 Watt Leistung und einige PC's,
die laufen. Dementsprechend stickig und heiss wird es auch
während des etwa zwei Stunden dauernden Vortrags. Das tut aber
dem Interesse keinen Abbruch, hier eine kurze Übersicht über
die Themen, die Alex Zihlmann angesprochen hat:
- Geschichtliches:
Ab '91 ist mit der Entwicklung von Java
bei Sun begonnen worden (damals hiess sie noch Oak).
- Features & Zielsetzungen:
Es sollte eine
Programmier-Sprache für Consumer-Devices wie Kaffee- und
Waschmaschinen oder Toaster entstehen, die möglichst portabel ist.
Inzwischen hat sich Oak zu Java und zur Internetsprache gemausert.
- Implementation:
Applets fürs WWW, Applikationen, Netscape: Javaskript.
- Zukunft:
Security weiter verbessern, Just-in-Time
Compiler, damit nicht mehr interpretiert werden muss, Java-Chips
(Prozessoren, die den Byte-Code von Java direkt verstehen) und
automatisierte Software-Distribution (im Intra- und Internet): ``Pay
what you need''.
Dass wir interessierte Zuhörer sind und dass wir die Materie
verstehen, zeigt sich dadurch, dass wir gute Fragen stellen und es
wenig `Gschnurr' gibt. Nach dem Vortrag überreicht Ralph Alex als
Dankeschön zwei Geschenke und ein aktuelles Flugs. Wir bedanken uns
mit einem Applaus.
Nach einer Pause mit Glace und frischer Luft fürs Zimmer und unsere
Lungen geht's an den zweiten Teil des Nachmittags: Roman Gyger
(Computer Associates) referiert über
Ingres und den Nachfolger
OpenIngres. Auch Roman wird mit Applaus und mit Geschenken
verdankt, er erhält auch noch einen Anmeldetalon für die LUGS. Ich
hoffe wir können ihn bald als Mitglied bei uns begrüssen. Nun
haben wir genug zugehört und erzählt. Es ist Zeit, uns bei
einem währschaften Nachtessen zu stärken. Wir werden mit folgenden
Gängen verwöhnt:
- Bouillon mit Peterli und Croutons,
- grüner Salat und
- Lamm-Gigot-Spiess mit Gemüse, dazu Kartoffel-Gratin.
Nach diesem Genuss finden wir uns wieder im Zimmer im 1. Stock
zusammen, um der Fortsetzung des Vortrages von Roman zu lauschen:
Toni Mignone
(ein Arbeitskollege von Roman) erzählt uns etwas über
'Jasmine',
einem objekt-orientierten Datenbankkonzept:
- Jasmine wird in Zusammenarbeit mit Fujitsu entwickelt.
- Programme, strukturierte und unstrukturierte Daten werden als
Objekte behandelt und in die Datenbank eingebunden. Vorteil: Man
kann sie verknüpfen (z.B. eine CD, die zum Verkauf steht, mit
einem Beispiel-Sound von der CD).
- Jasmine bietet ein graphisches Entwicklungstool, Einbindung von
Java und ein WWW-Interface.
- Am Schluss zeigt Toni eine Demo: Multimediales Shopping am
Bildschirm.
- Jasmine wird das neue Paradepferd von CA sein, vor allem um Oracle die
Stirn zu bieten.
Wie es sich nun schon eingebürgert hat, bedanken wir uns auch bei
Toni mit Geschenken, einem Anmeldetalon und einem Exemplar des
aktuellen Flugs. Obwohl der Abend mit den interessanten Vorträgen
bis kurz vor Mitternacht gedauert hat, haben wir immer wieder
interessante Fragen gestellt.
Nach der Arbeit das Vergnügen: Eine Gruppe bleibt im
Arbeitszimmer
und nimmt noch Installations- und Konfigurations-Arbeiten vor
(Norbert
z.B. probiert Java auf seinem Notebook zum Laufen zu bringen). Eine
andere Gruppe steigt ins Restaurant hinunter, wobei sich etwa acht bis
neun Leute zusammensetzen, um
UNO
zu spielen. Kurz nach Mitternacht
verlässt uns die Wirtin und übergibt
Mauro
(er sieht wohl besonders
vertrauensvoll aus) ihr Amt: Nach einer kurzen Einweisung schenkt er
Bier aus und notiert sich auf einer Liste, wer wieviel und was
konsumiert hat. Am Morgen wird dann die Abrechnung erfolgen: Eine tolle
Idee von der Wirtin, um unseren gemütlichen Abend nicht zu beenden
und trotzdem noch zu christlicher Zeit zu Bett zu kommen. Ich
persönlich finde um etwa halb drei Uhr, dass es Zeit sei, in den
Schlafsack zu kriechen. Ein Teil der Gruppe bleibt noch weiter da. Bei
einem kurzen Besuch im Arbeitszimmer sehe ich, dass da noch Linux auf
dem Programm steht.
Um etwa sechs Uhr ist
Mauro
neben mir ins Bett gekrochen, ob er wohl
der letzte gewesen ist, der sich zur Ruhe gelegt hat?
Sonntag, 30. Juni
Als ich mich endlich überwunden habe aufzustehen, bin ich noch
der Überzeugung, früh dran zu sein. Im Restaurant sind aber
schon einige Familien mit Kindern am Frühstücken. Es gibt
Butter und Brot, Eier, Käse und Milch sowie Kaffee. Ich bin aber
früh genung, um anhand der Reihenfolge, in welcher der Rest
erscheint, abschätzen zu können, wer wie spät (oder
früh am Morgen) zu Bett gegangen ist. Mauro ist allerdings nicht der letzte: Tobias
steht noch nach ihm auf ;-).
Etwa um halb zehn bricht
Ralph
auf, um
Werner Almesberger
abzuholen,
er wird für uns heute einen
Vortrag
halten. Sein Thema ist
ATM
(Asynchronous Transfer Mode) für Linux. In
einer Übersicht:
- Die Netzwerk-Technologie von ATM. Eindrückliches Beispiel: Der
Troughput des Netzwerkes steigt beim Wechsel von TCP/IP auf ATM um
einen Faktor zwei, mit gleicher Hardware!
- Die Implementation für Linux: Socket-Devices etc.
- Er gibt uns auch ungefähre Preisangaben: Eine ATM-Karte kostet
1'000$, ein Switch 20'000$ (der ist nötig um mehr als 2 PC's zu
vernetzen). Ralph meint, das sei im Moment noch
nichts für die LUGS.
Nach dem Vortrag wird auch
Werner Almesberger
mit Geschenken und einem
Flugs eingedeckt; wir bedanken uns mit einem herzlichen Applaus.
Vor dem Mittagessen bleibt noch etwas Zeit, so können wir auch noch
persönlich mit Werner sprechen. Roli z.B. holt sich einen Tip, wie
er sein Notebook sicherer machen kann: Eine Zeile im
lilo.conf bewegt den LILO zu einer Passwortabfrage, sobald
man beim Aufstarten eine Kommandozeilen-Option angibt. Anschliessend
setzen wir uns ins Restaurant, um das Mittagessen zu geniessen:
Älplermagronen mit Apfelmus und geriebenem Käse. Da bis zur
geplanter Abreise nicht mehr so viel Zeit wie erhofft bleibt, machen
wir uns bald wieder an die Arbeit.
Arbeit, das heisst:
Ralph braucht einen ELF-Rechner mit grossem
Monitor, um seine Java-Demo vorzuführen. Leider haben wir
diese Kombination nicht zur Verfügung: Jacks Rechner ist zwar frisch
installiert, läuft also mit ELF, aber sein X11 ist noch nicht
konfiguriert und auf dem Club-Rechner (heute mit dem grossen Monitor
von Roli) ist X11 installiert und konfiguriert, aber er läuft noch
mit a.out. So muss die Demo auf dem Laptop von
Ralph laufen und auf
dem Club-Rechner angezeigt werden (Jacks Compi hat keine
Netzwerkkarte). Dementsprechend langsam ist sie natürlich (abgesehen
davon, dass Java von Natur aus langsamer ist als Native-Code).
Ralph
zeigt uns einige vorbereitete Applets:
- Das klassische ``Hello-World'' als stand-alone Applikation und
als Applet, das er im Appletviewer und im Netscape vorführt.
- Eine selbstgezeichnete Nachttischlampe, um zu demonstrieren,
dass Java mächtige aber einfache Grafik-Funktionen zur Verfügung
stellt.
- ``Bouncing-Heads'' aus den mitgelieferten Applets, um zu zeigen,
wie langsam die Zusammenarbeit über das Netz zwischen seinem
Notebook und dem Club-Rechner wirklich ist ;-).
- Und einige andere schöne Sachen: Z.B.~eine Slide-Show um mehr
über Java zu erfahren.
Zusätzlich besteht noch die Möglichkeit gute Bücher über Java
zu kaufen, die Roli extra bei Freihofer geholt hat (in Kommission).
Der anschliessend geplante Java-Workshop degeneriert für die meisten
von uns allerdings zum
Zusammenrollen des Schlafsackes,
da wir schon bald abreisen müssen.
Beim Rückmarsch ergeben sich interessante Gespräche mit
Werner Almesberger,
nicht nur über LILO, sondern vor allem über AX.25: Es
ist in erster Linie
Paul,
der mit ihm spricht. An der Bushaltestelle
in Bärschwil klappt es diesmal besser mit dem Gepäck, als bei der
Hinreise: Tobias ist vor dem Bus da. Allerdings fährt dieser Bus
ohne uns ab, da wir der festen Überzeugung sind, er fahre in die
falschen Richtung und dass der richtige bald kommen werde. Wir merken
erst etwa eine Viertelstunde später, dass dies unser Bus gewesen
ist: Auf dem Fahrplan ist klar ersichtlich, dass der Bus in
Bärschwil nur in einer Richtung vorbeikommt (eine Art Rundkurs
Laufen-Bärschwil-Laufen).
Eine halbe Stunde später steigen wir dann in den richtigen Bus und
fahren nach Laufen (wieder mit dem gleichen Chauffeur und ähnlicher
Strecke wie bei der Hinfahrt). In Laufen haben wir nochmals etwa 40
Minuten Aufenthalt, bis der Zug Richtung Basel fährt (1 Stunde
später als geplant).
Werner Almesberger
erwischt allerdings seinen
Zug Richtung Lausanne gerade noch, die Verabschiedung fällt deshalb
ziemlich knapp aus. Wir setzen uns in ein nahes Restaurant und
diskutieren über den bevorstehenden EM-Final zwischen Deutschland
und Tschechien.
Während der Zugfahrt von Laufen nach Basel und von Basel nach
Zürich versucht
Norbert
weiter, seinem Notebook Java zu entlocken.
Wir alle glauben allerdings, dass er es kaum noch schaffen wird, denn
die Akku-Anzeige seines
Notebooks
ist auf 0% gefallen. Während der
diversen Versuche im Oberfringeli hat er von
Ralph (bei ihm läuft es
ja) alle Libraries kopiert, die bei ihm selbst noch nicht vorhanden
gewesen sind. Im Zug schliesslich entschliesst er sich noch einen
letzten Versuch zu wagen: Er liesst das Manual durch und da
bewahrheitet sich die Warnung RTFM (read the fucking manual) wieder
einmal, denn in ebendiesem Manual steht, dass man in einem
Konfigurations-File den Pfad auf die Libraries richtig setzten muss.
Norbert
setzt ihn auf /lib und probiert nochmal, Fehlschlag.
Ein weiterer Versuch: strace ergibt, dass Java die
X-Libraries nicht findet.
Norbert
setzt den Pfad auf
/usr/X11R6/lib und dann beginnt sein Notebook das Ram auf die
Harddisk zu dumpen. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass er zuerst
wieder ans Netz will, bevor er wieder einen Wank tut.
In
Zürich
verabschieden wir uns, und die zugfahrenden LUGS-Member
verstreuen sich wieder in verschiedene Richtung, bis dass sie ein
Donnerstag an die ETH
ruft. Ich persönlich muss ziemlich spurten, um
meinen Zug zu erreichen, aber auch dieser Teil des Wochenendes nimmt
einen glücklichen Ausgang.
Vielen Dank an Alex Zihlmann, Roman Gyger, Toni Mignoni und
Werner Almesberger
für die engagierten und kompetenten Vorträge, an Ralph
und Paul für die Organisation des Wochenendes und an die übrigen
Teilnehmer für das schöne Wochenende im Solothurner Jura.
Text written by Philipp Frauenfelder
<pfrauenf@niederglatt.lugs.ch>
HTML-convert and picture scanning by
Norbert
Kümin
<norbert.kuemin@lugs.ch>
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